Invasion ins Hamburger Volksparkstadion (2:1) am 12.05.2018

Das letzte Spiel der Saison 2017/18 hatte es noch in sich. Unsere Fohlen hatten noch die Chance, bei einem Sieg beim Hamburger SV und gleichzeitigen Niederlagen von Leipzig bei Hertha, Stuttgart bei den Münchnern und Frankfurt auf Schalke, noch auf einen Startplatz in der Europa-League zu gelangen. Die Hausherren brauchten auch einen Sieg, um die Chance auf den Relegationsplatz noch zu wahren und mussten dabei auf die Unterstützung der bereits als Absteiger feststehenden Geißböcke bei den ebenfalls abstiegsbedrohten Wolfsburgern oder einer Niederlage der Breisgauer gegen die Schwaben aus Augsburg hoffen. Der selbsternannte Dino der Fußballbundesliga, der als einziges Gründungsmitglied aus der Fussballbundesliga nie abgestiegen war, wollte den letzten Strohhalm nutzen. Wie lief die damalige Gründung aber ab? Nach dem zweiten Weltkrieg herrschten große Leistungsunterschiede in Deutschland in den bundesweit verstreuten Oberligen als höchste Spielklasse.  Der Ruf nach einer Profiliga als landesweit höchste Spielklasse, wie bereits in England, Spanien und Italien, wurde immer größer. Wie bereits vor dem Krieg hatte der DFB große Bedenken und die Landesverbände waren auch gegen solch eine Liga. Ein starker Befürworter dieser Idee war der damalige Präsident des 1. FC Köln Franz Kremer. Was 1958 noch scheiterte, wurde am 28. Juli 1962 auf dem DFB-Bundestag im Goldsaal der Dortmunder Westfalenhalle beschlossen. Die Delegierten der einzelnen Landesverbände stimmten schließlich mit 103:26 Stimmen für die Einführung der Bundesliga für Profis zur Saison 1963/64. Es sollten dort 16 Mannschaften spielen, von denen je fünf aus der Oberliga Süd und der Oberliga West, drei aus der Oberliga Nord, zwei aus der Oberliga Südwest und eine aus der Berliner Stadtliga kommen sollten. Das genutzte Auswahlverfahren bei der Suche nach den 16 Gründungsmitgliedern der Bundesliga war äußerst kompliziert. So musste ein Verein zum Beispiel ein Stadion mit mindestens 35.000 Plätzen und einer Flutlichtanlage vorweisen. Von den 74 Oberligavereinen bewarben sich 46 für die erste Bundesligasaison. 15 Bewerber wurden jedoch sofort abgelehnt, darunter Borussia Mönchengladbach, Hessen Kassel und Bayer 04 Leverkusen. Am 11. Januar 1963 wurden die ersten neun Teilnehmer mit Hertha BSC, Borussia Dortmund, FC Schalke 04, Werder Bremen, Eintracht Frankfurt, 1. FC Nürnberg, 1. FC Saarbrücken, 1. FC Köln und Hamburger SV festgelegt. Am 6. Mai 1963 erhielten dann Preußen Münster, der Meidericher SV, Eintracht Braunschweig, der 1. FC Kaiserslautern, der TSV 1860 München, der VfB Stuttgart und der Karlsruher SC in Hamburg die Zulassung. Die Auswahl der 16 an der ersten Bundesligasaison teilnehmenden Vereine war teilweise stark umstritten. So wurde der 1. FC Saarbrücken nicht aus sportlichen Gründen, sondern aufgrund seines Stadions und der Infrastruktur aufgenommen, da sportlich eher der FK Pirmasens oder Borussia Neunkirchen als zweiter Südwest-Klub für die Bundesliga qualifiziert gewesen wäre. Auch im Süden, Westen und Norden wurden die Auswahl stark diskutiert. Bei den Vertretern der Oberliga West wurde unverständlicherweise der Meidericher SV als ein Verein des Landesverbands Niederrhein vorgezogen. In der Oberliga Nord war Eintracht Braunschweig als drittem Nord-Vertreter umstritten, da Hannover 96 unter anderem mehr Punkte in der Zwölfjahreswertung aufwies und bei den technischen Voraussetzungen sogar besser abschnitt. Aus der Oberliga Süd fanden der FC Bayern München und auch die in der Zwölfjahreswertung vor den beiden Münchner Vereinen platzierten Kickers Offenbach keine Berücksichtigung, da sich der TSV 1860 München als Meister der Liga direkt qualifizierte. Die Gründung der Bundesliga erfolgte wohl damals schon nicht als Auswahl der Besten und heute könnte nun auch das letzte Gründungsmitglied in der 55.-sten Spielzeit absteigen. Solch ein Saisonfinale wollten sich einige Missionare nicht entgehen lassen. Da an diesem Wochenende in Hamburg auch der 825.-ste Hafengeburtstag gefeiert wurde, gab es dort kaum bezahlbare Unterkünfte und auch keine Möglichkeit für eine Busfahrt, so dass man sich individuell auf den Weg in die Hansestadt machte.  Im Vorfeld gab es viele Mahner, so sollten Gäste ohne Fankleidung anreisen, was wenige taten. Bei bestem Fußballwetter traf man friedlich diskutierende Hamburger und Gladbacher Fans um das Stadion und auch Zeit für geocaching war noch. Im ausverkauften Stadion traf man bekannte Gesichter bei alkoholfreien Bier und auch das kleine Missionsbanner fand einen Platz. Das 100.-ste Aufeinandertreffen beider Mannschaften in der Bundesliga, 34-mal gingen bisher die Fohlenelf als Sieger vom Platz,  26-mal trennte man sich Unentschieden und 39-mal gewann der HSV, pfiff der aus München kommende Schiedsrichter Felix Brych. In Hamburg wartet die Fohlenelf seit drei Bundesligaspielen auf einen Sieg. Alle waren gespannt, was heute passiert.

Zum Spiel: Für das letzte Saisonspiel nahm Trainer Dieter Hecking drei Änderungen gegenüber dem letzten Heimspiel vor. Im Tor stand Yann Sommer, davor Nico Elvedi, Matthias Ginter, Jannik Vestergaard und Oscar Wendt in der Abwehr, Christoph Kramer, Denis Zakaria, Jonas Hofmann und Thorgan Hazard im Mittelfeld und im Sturm Raffael und Dr.Mić. Die Partie begann von beiden Mannschaften sehr verhalten, wobei die Hausherren versuchten das Spiel zu machen. Es waren knapp zehn Minuten gespielt, da reckte Denis Zakari nach einem Eckball der Hausherren seinen Arm hoch und berührte somit das Spielgerät im Sechzehner. Der hinter ihm stehende Oscar Wendt wollte diesen Ball wegköpfen, kam aber durch diese Aktion nicht mehr an den Ball. Der Videoassistent schaltete sich ein und folgerichtig gab es Handelfmeter. Warum geht der einundzwanzigjährige Denis so zum Ball? Der Ex-Bremer Aaron Hunt verwandelte sicher und Yann Sommer wählte, wie fast bei allen Strafstößen gegen sich, die falsche Ecke aus, ein Elfmeterkiller wird er wohl nie werden, schade. Im Gegenzug hatten die Fohlen ihre Chance zum Ausgleich, als Josip Drmić nach Zuspiel von Denis Zakaria das Ziel verfehlte. Die Rothosen störten früh und zwangen unsere Fohlen immer wieder über den Torwart zu spielen. Abspielfehler auf beiden Seiten gab es häufig im Mittelfeld. Nach einem schwachen Freistoß der Hausherren passte Christoph Kramer auf den gestarteten Josip Drmić, der Aaron Hunt vernaschte und den Ball vorbei an Hamburgs Schlussmann Pollersbeck ins Tor schoss. Im Gästeblock war die Freude groß, sollte der Dino heute absteigen?

Im Stadion wurden dann kurioser Weise immer nur die gefallenen Tore von den Mannschaften auf den großen Monitoren angezeigt, mit denen die Fohlen um die europäischen Plätze noch kämpften. So wurden nur die Führungen der Schwaben in München und der Leipziger bei der Alten Dame in Berlin angezeigt. Weder die Tore in Wolfsburg, noch auf Schalke, in Mainz, Leverkusen oder Hoffenheim sowie später in der zweiten Halbzeit von Freiburg waren eine Mitteilung wert. Es sah ganz danach aus, dass hier psychologisch die Fohlenspieler beeinflusst werden sollten. Der Einsatzwillen und die Körpersprache einiger Spieler spiegelte dies plötzlich wieder. Im Spiel stellte Dieter Hecking auf Dreierkette um, was mehr Präsenz im Mittelfeld brachte, aber keine weitere Torchance in der ersten Halbzeit. Die Hausherren hatten durch Wood noch einen Abschluss, doch bis zum Pausenpfiff geschah nichts mehr.

Nach dem Seitenwechsel übernahm der HSV gleich wieder das Kommando. Fohlentorhüter Yann Sommer stand im Brennpunkt. So musste er mit einer starken Parade bei einem abgefälschten Schuss von Ito rettend eingreifen, lenkte dann einen Steinmann-Schuss über die Latte und reagierte herausragend im kurzen Eck gegen Kostic, der nach einem Eckball ganz frei vor ihm stand.

Die einzig nennenswerte Kombination der Fohlen gab es nach einer Stunde. Der eingewechselte Ibrahima Traoré spielte auf Thorgan Hazard, der mit der Hacke das Spielgerät zu Raffael leitete. Auch er gab auf den frei stehenden Oscar Wendt weiter, dessen Abschluss zwar Sakai auf der Linie mit dem Ellenbogen abwehrte, aber Schiedsrichter Dr. Felix Brych wollte sich die Szene nicht noch einmal ansehen. Ein Schelm der Böses dabei denkt! Wenig später passte der flinke Ito, den die Fohlen kaum in den Griff bekamen zurück in Richtung Elfmeterpunkt, wo Holtby von Christoph Kramer kaum gestört wurde und flach zum 2:1 für die Rothosen traf. Die Führung für den HSV war verdient, zu passiv agierten die Fohlen.  Im Parallelspiel führten Wolfsburg gegen Köln, was weiterhin den Abstieg bedeutete. Als die Wolfsburger auf 3:1 erhöhten, langte Wood zu und bekam dafür die Ampelkarte. Es wird vorläufig der letzte Platzverweis in der Bundesligageschichte des HSV sein. In Überzahl waren die Fohlen zwar spielbestimmend, ohne sich jedoch zwingende Chancen zu erarbeiten. Mittlerweile führten die Schwaben mit unglaublichen 4:1 in München. Die Fohlen bekamen also nicht mal Schützenhilfe von Trainer „Don Jupp“, der am Niederrhein zu Hause ist und in Mönchengladbach geboren wurde. Im letzten Spiel der Saison gab es für die Münchner die erst vierte Niederlage. Mit 21 Punkten Vorsprung auf den Vizemeister aus Gelsenkirchen stört es sicher kaum jemanden, nur mit dieser Deutlichkeit im letzten Heimspiel und der Meisterschaftsfeier hatte niemand gerechnet, erst recht nicht der Fohlenanhang. Mit diesem Ergebnis erlosch schon ab der 55. Minute das letzte Fünkchen Hoffnung auf die Mission Europa. Blieb die Hoffnung auf das Aussterben des letzten Dinos. Die Ultras von Mönchengladbach hatten eigens dafür eine Uhr als Kopie der Stadionuhr mitgebracht und zählten die Minuten bis zum feststehenden Abstieg runter. Plötzlich kam ab der achtzigsten Minute Bewegung in die Hamburger Nordkurve und viele schwarz gekleidete Personen wurden sichtbar. Ebenfalls in schwarz gekleidete Ordnungshüter betraten nun den Bereich vor der Haupttribüne. Da unsere Fohlen versuchten den Ausgleich zu erzielen, begab bewusst oder unbewusst sich Fohlentorwart Yann Sommer in Richtung Mittelkreis. Ein schwarzes Banner mit einem Dino wurde aufgezogen und 2 Minuten vor dem Ende der neunzig Minuten ohne Nachspielzeit flogen Rauchtöpfe, Böller und Bengalos auf das Spielfeld. Ein Großaufgebot von Polizei mit Hunden und Pferden sowie Absperrgitter tauchten auf und das Spiel wurde unterbrochen. Selbst im Gästebereich wurden die Türen geschlossen und keiner kam mehr zu den Verpflegungsständen.  Was sollte das denn? Nach einer gefühlten Ewigkeit war der Bereich der schwarz gekleideten Hamburger in der Nordkurve verwaist und das Spiel wurde wieder angepfiffen. So durfte Hamburgs Torwart Pollersbeck den Ball noch mal zu seinem gegenüber Yann Sommer spielen und schon pfiff Felix Brych ab. Er wollte wohl keinen Spielabbruch und eine Wertung am grünen Tisch für unsere Fohlen. Also 2 Minuten plus wenigsten 2 Minuten Nachspielzeit waren dies definitiv nicht und jeder im Stadion fragte sich, was dies sollte!

Egal, endlich zweite Liga, endlich zweite Liga, endlich zweite Liga…HSV!

Was mussten wir uns hier nicht alles gefallen lassen und endlich traf es auch mal die Hochmütigen, die es seit Jahren immer wieder geschafft hatten nicht abzusteigen.

Fazit: Zwar verdient verloren, aber verdient steigt der HSV nach Jahren endlich auch mal ab!

Durch die Ungewissheit, ob noch frustrierte Hamburger Stress suchen, machten sich einige Missionare kurz nach Spielende auf den Weg zum Auto. Nach 54 Jahren, 261 Tagen und etwas mehr als dreißig Minuten endete die Bundesligazeit für den Hamburger SV und mit ihr das Dasein der Stadionuhr. Nach nun 19 985 Tagen sollte man sie abbauen, aber wie ein störrisches Kind wurde nach einer neuen Daseinsberechtigung gesucht und wohl eine gefunden. Zukünftig soll die Stadionuhr auf das Gründungsjahr umgestellt werden. So ein Gründungsjahr hat jeder noch so kleine Verein und so wirkt es eher lächerlich. Ob die Uhr angehalten wurde, erlebten einige Missionare nicht mehr, da sie ohne Stau schnell nach Hause fuhren. Unterwegs sahen sie viele Anhänger des 1.FC Magdeburg, der bei den Sportfreunden Lotte die Meisterschaft in der dritten Liga besiegelten und in der neuen Saison sich mit dem HSV und St.Pauli messen dürfen. Im Hellen kamen sie in Anhalt an, während andere Missionare zu dieser Zeit noch auf dem Parkplatz leckere Grillsachen aßen. Vielleicht schaffen die Kieler Störche ebenfalls den Aufstieg in die Bundesliga und dann gilt es vielleicht ein neues Stadion zu erkunden. Die Fohlenelf landete, wie in der letzten Saison, auf den letzten einstelligen Tabellenplatz und nun ist erst mal Sommerpause…