Europa League Sechzehntelfinale beim AC Florenz (2:4) am 23.02.2017

Am Mittwoch brachen 30 Borussen aus Mitteldeutschland auf, um gemeinsam zum entscheidenden Rückspiel unserer Borussia in der Zwischenrunde der Europa League bei Associazione Calcio Firenze Fiorentina oder ACF Florenz zu reisen. Ziel war die mit über 380000 Einwohnern größte Stadt der Toskana und achtgrößten Stadt Italiens. Individuell reisten Vertreter der Borussen-Mission, Kyffhäuserfohlen, Ränzelstecher, Starken Sachsen, Südharzfohlen, Hänicher Borussen und Borussenfreunde zum altbewährten Flughafen Berlin-Schönefeld, enterten dort das Irish-Pub und genossen die Kaltgetränke. Im Airbus 320 traf man weitere Borussen und um die Mittagszeit hob der Flieger ab in Richtung Pisa. Trotz der Ankündigung des Sturmtiefs Stefan verliefen der Flug und auch die Landung angenehm. Der wartende Busfahrer fand uns dann an seinem Bus und nach etwa einer Stunde erreichte man Florenz. Gern hätte man einen Abstecher zum schiefen Turm gemacht, aber die Extragebühren dafür und die Zeit ließen es nicht zu. Halb fünf wurde die Unterkunft bezogen und wenig später ging es in die historische Innenstadt, die seit 1982 den Titel UNESCO-Welterbe trägt. 59 vor Christus wurde die Stadt als Colonia Florentina durch Julius Cäsar gegründet und wurde bald darauf zur Hauptstadt der Siebenten Region. Es folgte die fast vollständige Zerstörung durch die Byzantiner. Im 12.Jahrhundert wurde die Stadt autonom und im 15. und 16. Jahrhundert erfolgte die Blütezeit durch die Familie der Medici. Diese Familie bildete eine einflussreiche italienische Dynastie, aus der Großherzöge der Toskana, Päpste und Königinnen von Frankreich hervorgingen. Die Medici erwarben ihren Reichtum durch den Textilhandel, auf dieser Basis schufen sie ein modernes Bankenwesen. Sie dominierten die Finanzwelt und ihr Mäzenatentum prägt noch heute die Stadt, was über 4 Millionen Besucher jährlich anlockt. Bei angenehmen Temperaturen kam man aus dem Staunen nicht raus, wobei der Höhepunkt die Kathedrale Santa Maria del Fiore war. Der Entschluss zum Bau erfolgte 1229 nicht aus religiösen Gründen, sondern in Konkurrenz zu den Domen in Pisa, Venedig und dem zu dieser Zeit begonnenen Dom in Siena. Der Dom in Florenz gehört zu den fünftgrößten Kirchen Europas neben dem Petersdom in Rom, der St.Pauls Cathedrale in London, der Kathedrale von Sevilla und dem Mailänder Dom. Danach stärkte man sich in einer der zahlreichen urigen Restaurants. Einige Borussen gingen noch zur ältesten Segmentbogenbrücke der Welt, die im Jahre 1345 fertiggestellt wurde. Der Ponte Veccio ist die älteste Florenzer Brücke über den Arno mit kleinen Läden, die ab 1565 per Dekret den Goldschmieden vorbehalten waren und dem Vasarikorridor, der den Palazzo Vecchio mit dem Palazzo Pitti verbindet. Soviel Kultur macht durstig und so ging es in danach in diverse Lokale, manch ein Borusse noch in eine Diskothek bis in die frühen Morgenstunden. Am Spieltag wollten alle die nächtlichen Eindrücke bei Tageslicht sehen und viele natürlich den Aufstieg zur gewaltigen weltbekannten Kuppel von Brunelleschis machen, eine technische Meisterleistung der frühen Renaissance. Die Innenbemalung auf 4000m² mit Hunderten von Kolossalfiguren wurde 1579 von Federico Zuccari vollendet und gilt als flächenmäßig größter Fresken-Zyklus zu einem christlichen Thema. Der Ausblick in dieser Höhe ist überwältigend, aber nicht jeder wollte die 463 Stufen laufen. Manche Borussen erfreuten sich an einer Kutschfahrt, besuchten das Hard Rock Café, genossen Kaltgetränke oder überteuertes italienisches Eis. Vor dem Spiel traf man sich pünktlich im Hotel und mit Taxen ging es für die Mehrzahl zum Stadion, während andere die bereitstehenden Busse nutzten. Für die Busnutzer ging es gleich ins Artemio Franchi Stadion, benannt nach dem bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommenen langjährigen Florentiner Vereins- und zu dieser Zeit UEFA-Präsidenten Artemio Franchi. Die anderen erfreuten sich an alkoholischen Getränke rund ums Stadion, serviert in Bechern eines namhaften Colaherstellers und kulinarischen Besonderheiten. Während die einen die Banner schon platzierten, mussten die anderen eine große Runde ums Stadion laufen, obwohl der Eingang keine hundert Meter von ihnen entfernt war. Am Eingang war es entsprechend voll und die Italiener haben eine besondere Technik, um die Besucher einzeln durch das Drehkreuz zu bekommen. Die anschließenden Einlasskontrollen waren gründlich und mehrfach und alle froh, irgendwann im Gästeblock zu sein. Die 24 712 fanden ihre Plätze und als kurz nach 21 Uhr die Mannschaften das Spielfeld betraten, wunderten sich viele, wie die Ultras bei den Kontrollen es geschafft hatten, Pyrotechnik ins Stadion zu bekommen. Egal, fast jeder machte Bilder, es scheint halt doch zu gefallen.

Zum Spiel: Unser Trainer Dieter Hecking wechselte gegenüber dem letzten Bundesligaspiel zwei Spieler. Für Fabian Johnson und André Hahn standen in der Startelf Jonas Hofmann und Patrick Herrmann. Als Startelf standen auf dem Rasen Torwart Yann Sommer, die Verteidigung bildeten Tony Jantschke, Andreas Christensen, Jannik Vestergaard und Oscar Wendt. Das Mittelfeld bestand aus Christoph Kramer und Mahmoud Dahoud, die offensiven Außenbahnen besetzten Patrick Herrmann und Jonas Hofmann und das Angriffsduo bildeten Thorgan Hazard und Lars Stindl. Auf der Reservebank saß nach überstandenen Oberschenkelproblemen Raffael. Unsere Fohlen drückten von Beginn an und hatten durch Thorgan Hazard gleich eine gute Chance, aber das Spielgerät flog in die Arme von Fiorentinas Schlussmann Tatarusanu. Unsere Fohlen kamen zu einem Eckball, der zunächst abgewehrt wurde, aber im zweiten Versuch kam die Flanke von Oscar Wendt auf den Kopf von Jannik Vestergaard und von da an den Pfosten und nicht ins Tor. Sollte das Glück uns heute wieder nicht begleiten? Die Hausherren waren da wieder effektiver. Sie eroberten von Mo Dahoud an der Mittellinie den Ball und Bernadeschi spielte auf Kalinic, der ins Tor traf. Sollte uns hier die nächste Niederlage erwarten? Nach dem Führungstreffer durch die Fiorentina gab es deutlich sichtbare Provokationen in der Südkurve durch einheimische Fans in unsere Richtung. Durch Gesangseinlagen merkten viele schnell, dass sich dort aber auch Borussen befanden, die nur durch ein paar wenige Ordner von den Heimfans getrennt waren. Hoffentlich bleibt es friedlich. Die Heimmannschaft war nun am Drücker und unser Torwart Yann Sommer konnte mit zwei Glanzparaden einen höheren Rückstand verhindern. Wenig später musste Thorgan Hazard mit einer Muskelverletzung vom Platz, für ihn kam Dr.Mić. Es war noch kein halbe Stunde gespielt worden, da stockte vielen Borussen der Atem. Jannik Vestergaard wollte völlig unbedrängt einen Rückpass von der eigenen Strafraumgrenze nach vorne schießen, trat aber über den Ball und fiel hin. Bora Velaero nutzte die Chance und erhöhte auf 2:0 für Florenz. Dies ließ die Stimmung im Block kippen, denn das Spiel schien verloren zu sein, da unsere Borussia nun drei Tore für ein Weiterkommen brauchte. Für Kenner des italienischen Fußballs eine schier aussichtslose Situation. Die Provokationen in der Südkurve eskalierten und es gab dort handgreifliche Auseinandersetzungen. Erst jetzt zeigte sich die Polizei, bewaffnet mit Helm und Schild. Während vereinzelt Leute aus unserem Block auf den Zaun sprangen, aber nicht darüber, wusste man nicht, wo man zuerst hinsehen sollte. Die Situation entspannte sich etwas, die Sicherheitskräfte reagierten und öffneten eine Tür in unseren Block. Leider versuchten nun ein paar Leute von unserer Seite aus in die Südkurve zu gelangen. Die Tür wurde wieder geschlossen und einer hatte Pech, seine Hand klemmte noch in der geschlossenen Tür. Es dauerte eine Weile, bis er seine Hand zurück bekam, hier werden die Finger wohl nachgegeben haben. Auf den Platz zogen sich die Italiener nun zurück und kurz vor der Halbzeit pfiff der portugiesische Schiedsrichter Artur Dias Elfmeter, nachdem Patrick Herrmann im Strafraum gehalten wurde. Lars Stindl nutzte die Chance vom Punkt zum Anschlusstreffer und im Gästeblock keimte wieder Hoffnung auf ein Wunder auf. In der Halbzeitpause wurden die Borussen aus der Südkurve in unseren Block gebracht, warum nicht von Anfang an? Unsere Fohlen starteten furios. Nach einem Eckball von Jonas Hofmann scheiterte erst Dr.Mić an Tatarusanu, aber Lars Stindl kam irgendwie an das Spielgerät und erzielte den Ausgleich. Im Block gab es kein Halten mehr. Die Gastgeber versteckten sich aber nicht und wären im Gegenzug fast durch Kalinic wieder in Führung gegangen, zum Glück wusste dies Yann Sommer zu verhindern. Fünf Minuten später passierte das, woran kaum ein Borusse nach 30 Minuten Spielzeit glaubte. Jonas Hofmann spielte einen Freistoß auf Lars Stindl und unser Kapitano erzielte von der Strafraumgrenze den Führungstreffer. Sollte das Unmögliche nun doch möglich werden? Weitere 5 Minuten später erhöhten die Fohlen auf 4:2!!! Jonas Hofmann spielte einen Eckball auf Patrick Herrmann, der wieder zurück zu Jonas Hofmann spielte. Dieser flankte auf Andreas Christensen der per Kopf den Ball ins Netz beförderte. Wahnsinn, unsere Fohlenelf hatte das Spiel gedreht und die Florentiner mussten nun zwei Tore erzielen. Es war noch eine halbe Stunde zu spielen. Die Fohlen verteidigten mit allen Mitteln und hatten auch Glück, dass der Schuss vom eingewechselten Ilicic nur die Querlatte traf. Bis zum Abpfiff vergingen bange Minuten für alle Borussen in denen kein weiterer Treffer fiel. Unsere Fohlenelf schaffte das Wunder in Florenz!!!

Fazit: Was für ein Spielverlauf!!! Eine Wahnsinnsleistung und verdient gewonnen, so lieben wir unsere Borussia!!!

Mit der Mannschaft wurden der Sieg und der Einzug ins Achtelfinale der Europa League im Stadion gefeiert. Es war das erste Mal in unserer Klubgeschichte, dass eine Fohlenelf nach einer Heimspielniederlage in einem K.-o.-Wettbewerb die nächste Runde erreichte. Die beiden letzten Auswärtsauftritte und das Ausscheiden in der Zwischenrunde der Europa League erlebten viele Mitreisenden in Rom und Sevilla mit, da hatten wir nicht mal ein Tor erzielt und der letzte Sieg auf italienischen Boden war am 09.11.1979 in Mailand gegen Inter. Borussenherz, was willst du mehr. Fast eine Stunde mussten die Borussen im Stadion bleiben und anschließend erwischten viele einen Bus zum Bahnhof. Begleitet von mehreren Polizeiwagen erreichte man diesen und da es bereits eine Stunde nach Mitternacht war und gegen 8 Uhr der Bus zum Flughafen nach Pisa für uns bestellt war, ging es zum Hotel. Dort wurde die Bar geplündert und auf der Veranda passierte das Erlebte noch einmal Revue. Pünktlich warteten später viele Borussen darauf, dass der Frühstücksraum öffnete und nach der Stärkung und einem Foto ging es in den Bus. In typischer Manier fuhr der Busfahrer uns zum Flughafen Pisa. Dort kursierten Gerüchte, dass der Rückflug 3 Stunden später erfolgt und die Mannschaft wenig später auch von hier abfliegt. Zum Glück stimmte nur die zweite Aussage und so machten viele Borussen mit Spielern und Präsidium noch Fotos, bevor es zurück in die Bundeshauptstadt ging. Nach 90 Minuten erfolgte dort die Landung und man bekam die Mitteilung, dass Ex-Borusse Patrik Andersson als Losfee uns als nächsten Gegner Schalke 04 zog, unsere Achtelfinalspiele also in Deutschland sind. Egal, dann eben national gewinnen und ins Viertelfinale einziehen. Alle wollten nur noch schnell nach Hause, um das Erlebte zu verarbeiten. Diese Reise wird unvergesslich bleiben, vielleicht ist sie der Grundstein für das Endspiel in Stockholm.