EL-Invasion bei Fenerbahce Istanbul (0:3) am 06.12.2012

Das letzte Fußballspiel unserer Fohlen in der Gruppe C in der Europa League führte am Nikolaustag in eine der bevölkerungsreichsten Städte der Erde. Mit über 13 Millionen Einwohnern befindet sich die Stadt am Bosporus weltweit auf Platz 4, wobei 1945 gerade einmal 850 000 Menschen dort lebten. Der Bosporus, die etwa 30 Kilometer lange und mindesten 700 Meter breite Meerenge, verbindet das Marmarameer mit dem Schwarzen Meer und teilt nicht nur Europa und Kleinasien, sondern auch die Stadt. Die Stadt wurde 600 v.Chr. als Koloniestadt dorischer Griechen als Byzantion gegründet und der römische Kaiser Konstantin der Große machte sie 330 n.Chr. auf Grund seiner ausgezeichneten Lage zu seiner Hauptresidenz. Er ließ sie ausbauen und nannte sie „Neues Rom“. Nach seinem Tod 337 n.Chr. erfolgte die Umbenennung in Konstantinopel und erst 1930 erhielt die Stadt offiziell den Alternativnamen Istanbul, der bereits im seldschukischen und osmanischen Reich gebräuchlich war. Sie unterhält unter anderem eine Städtepartnerschaft seit 1989 mit Berlin und seit 1997 eine mit Köln. Die historische Altstadt ist Weltkulturerbe der UNESCO und die Stadt ist die einzige Metropole der Welt, die sich auf zwei Kontinenten befindet. Auf der asiatischen Seite befindet sich das Sükrü-Saracoglu-Stadion, benannt nach dem fünften Ministerpräsidenten der Türkei und längst dienenden Präsidenten des ortsansässigen Fußballvereins Fenerbahce. Der Verein war der erste offizielle türkische Fußballmeister und ist durch die 17 weiteren nationalen Meisterschaften zusammen mit Galatasaray türkischer Rekordmeister. Durch die mehr als 150 000 Mitglieder zählt Fenerbahce zu den mitgliederstärksten Sportvereinen der Welt und sein Stadion hat eine Zuschauerkapazität von 50530 Plätzen. Dies war das Ziel der Missionare, des Starken Sachsen, des Kyffhäuserfohlen und der Borussiafreunde. Ein Großteil traf sich Donnerstagfrüh im Fährhaus und nach ein paar Getränken ließ man sich zum Flughafen Berlin-Tegel bringen. Dort war Treffpunkt aller Mitreisenden und nach einem kurzen Durchzählen und dem Kontrollieren der Reiseunterlagen wurde festgestellt, dass nicht Kevin mitwollte, sondern sein Bruder. Die notwendige Namensänderung war zum Glück nicht so teuer wie bei der Marseilletour, aber trotzdem ärgerlich. Durch den Wintereinbruch verschob sich der Abflug um eine halbe Stunde und nachdem das Flugzeug vom Schnee befreit war, ging es auch schon in Richtung Türkei. Leider reichte der Biervorrat im Flugzeug der Fluggesellschaft Türkish Airlines nicht lange und so musste man auf Mixgetränke umsteigen. Das Flugzeug landete ohne Probleme auf dem größten Istanbuler Flughafen Atatürk, benannt nach dem Begründer der modernen Republik Türkei und dessen erster Präsident. Der Flughafen befindet sich auf dem europäischen Teil und über 20 Kilometer außerhalb der Stadtmitte. Nach kurzem Überlegen entschied sich die Reisegruppe dafür, mit Taxen zum Hotel zu fahren. Die Taxen schienen sich ein Wettrennen durch die Staus der Stadt zu liefern und so dauerte es eine Weile, ehe alle ihr Hotelzimmer in der Nähe des Taksim-Platzes beziehen konnten. Taksim bedeutete Wasserverteilanlage, denn hier, am höchsten Punkt des Stadtteils Beyoglus, endete eine 1731 erbaute und 23 km lange Fernwasserleitung und es erfolgte von hier aus die Weiterverteilung auf die Stadtteile Galata, Besiktas, Findikli, Beyoglus und Kasimpasa. Anschließend ging es zur  Metro und mit der unterirdisch fahrenden Standseilbahn wurden die 75 Meter Höhenunterschied bewältigt. Vorher wurden eifrig Türkische Lira in Jetons getauscht. Weiter ging es dann mit der Straßenbahn zur Galatabrücke und dem Treffpunkt an den Borsporusfähren. Dieser war aber nicht leicht zu finden, genauso wenig, wie Toiletten. Bevor es auf die zwei Fahrgastschiffe für die etwa 500 Borussen ging, bekam jeder ein Bändchen und einige kauften sich die extra für den Nikolaustag angefertigten grünen Mützen. Die neunzig minütige Bosporusfahrt von der europäischen zur asiatischen Seite viel ein wenig dem Regenwetter zum Opfer. Auf dem Oberdeck war es zu nass und frisch und unter Deck machte das Kondenswasser auf den Fensterscheiben die Sicht auf das abendliche Istanbul unmöglich. In geselliger Runde ließ man sich die Stimmung nicht verderben und nachdem die Boote auf der asiatischen Seite angelegt hatten, sammelten sich alle und es ging in strömenden Regen gemeinsam zum Stadion. Dort angekommen dauerte es eine gefühlte Ewigkeit, ehe man im Stadion war. Erst musste man durch einen Metalldetektor und dann ging es für einige, wie bei einer Tierzählung, durch zwei überdachte Wege, an dessen Ende sich jeweils ein großes Drehkreuz befand. Da etwa eine halbe Stunde vor Spielbeginn noch etliche Borussen vorm Stadion standen, wurden die Einlasskontrollen gelockert und pünktlich zum Spielbeginn schienen alle Auswärtsfahrer einen Platz gefunden zu haben. Platz für die Fanclubfahnen gab es da schon nicht mehr, auch war der Gästebereich komplett mit einem Netz überspannt und in unmittelbarer Nachbarschaft schwenkten Fans des Heimvereins ihre Fahnen. Leider war das Stadion nicht ausverkauft, wahrscheinlich weil der Gruppensieger schon feststand und so warteten alle auf den Beginn des letzten Gruppenspiels. Unter ihnen auch Bundestrainer Joachim Löw, der wie Friedel Rausch, Holger Osieck, Werner Lorant und Christoph Daum Fenerbahce Istanbul als Trainerstation nachweisen kann.

Zum Spiel: Da das Spiel keine Auswirkung mehr auf die Tabellenkonstellation hatte, schonten beide Trainer einige Spieler. Fenerbahce Trainer Aykut Kocaman veränderte seine Stammelf auf zehn Positionen und Trainer Lucien Favre auf 9. So stand Christopher Heimeroth zwischen den Pfosten und Julian Korb debütierte als Rechtsverteidiger im Europapokal. Beide Mannschaften begannen trotzdem engagiert. So zeigten sowohl Christopher Heimeroth als auch Mert Günok ihre Klasse und verhinderten einen Rückstand ihrer Mannschaft. Tolga Cigerci ließ nach gut zwanzig Minuten Spieldauer dann den Gästeblock jubeln, als er nach tollem Anspiel von Peniel Mlapa erst leicht verzögerte und dann sicher den Ball ins Tor schlenzte. Unsere Fohlen spielten befreit auf und es dauerte gerade einmal fünf Minuten, als Branimir Hrgota im Strafraum zu Fall gebracht wurde und der portugiesische Schiedsrichter Manuel de Sousa pfiff. Den Strafstoß verwandelte Mike Hanke sicher und die knapp 3000 Borussen feierten ausgiebig. Die Hausherren erhöhten anschließend den Druck und erspielten sich einige gute Torchancen, aber bis zur Halbzeit fiel kein weiterer Treffer.

Die Gastgeber drängten auf den Anschlusstreffer, aber unsere Fohlen verteidigten geschickt die Führung. Fenerbahces Trainer reagierte und brachte mit Dirk Kuyt und Cristian Baroni zwei Stammkräfte. Dies nahm Lucien Favre zum Anlass, den wiedergenesenden Luuk de Jong einzuwechseln. Es gab auf beiden Seiten Torchancen, so vergaben Alexander Ring und Peniel Mlapa auf der einen und Korkmaz und Krasic auf der anderen Seite. Der letzte Treffer des Abends gelang, nach einem Zusammenspiel mit dem ebenfalls eingewechselten Borussen Armin Younes, Luuk de Jong. Armin Younes setzte sich auf seiner Seite gut durch und spielte auf den frei im Strafraum stehenden Luuk, der sich diese Chance nicht entgehen ließ und den dritten Treffer für unsere Borussia erzielte. Wenig später hätte der Europapokal-Debütant Matthias Zimmermann seinen Einsatz mit einem Treffer krönen könne, leider gelang es ihm nicht. Die letzte Chance des Spiels hatte Routinier Kuyt auf Seiten der Hausherren. Christopher Heimeroth wusste dies in der Nachspielzeit aber zu verhindern.

Fazit: Im letzten Spiel der Europa League Gruppenphase mit den recht jungen Spielern (Durchschnittsalter unter 24 Jahre) einen sicheren Auswärtssieg erzielt, dies macht Hoffnung auf die Zukunft.

Mit der Mannschaft feierte man dann den Sieg und die bisher erreichten 11 Punkte, wer hätte dies nach der Gruppenauslosung gedacht? Anschließend wartete man geduldig auf das Ende der Blocksperre. Ähnlich wie in Marseille musste man fast eine Stunde ausharren ehe man durch die kleine Öffnung zum Treppenbereich den Block verlassen durfte. Der neueste Ohrwurm „International, international, wir versaufen unsere Geld, in den Kneipen dieser Welt!“ wurde des Öfteren zum Besten gegeben. Vor dem Stadion und bis zum Bootsanleger wurde man von der hiesigen Polizei bewacht und nach kurzer Überfahrt erreichte man wieder die europäische Seite. Dort musste man feststellen, dass der Straßenbahnbetrieb um diese Zeit eine Pause macht und so ging es mit Taxen zurück zur Unterkunft. Auf den Fahrten rechneten die Taxifahrer nicht nur unterschiedlich ab, nein, es wurden auch teilweise andere Hotels angefahren. Im mitternächtlichen Stau standen aber alle. Einige begaben sich dann auf ihre Zimmer, andere setzten sich an die Hotelbar oder erkundeten die Umgebung. Am Freitag ließen sich alle das Frühstück schmecken und danach entspannten einige Borussen im Wellnesbereich oder waren kulturell in der Stadt unterwegs ehe es mit einem Sammeltaxi zum Flughafen ging. Die türkische Zählweise bleibt ein Rätsel, denn obwohl ausreichend Mitfahrer gemeldet waren, gab es nicht genügend Sitzplätze im Taxi, aber egal, man erreichte unbeschadet den Atatürkflughafen. Nach den Zugangskontrollen und dem Gruppen-Checkin wartete man auf den Abflug und nachdem alle im Entertainmentprogramm fündig geworden waren, war man auch schon wieder in Berlin-Tegel gelandet. Irgendwann saßen dann alle in den Taxen und Autos nach Hause und eine in jeder Hinsicht tolle Fahrt neigte sich dem Ende.

Jetzt warten alle auf die Auslosung am 20.Dezember 2012 und darauf, wohin die Reise im Februar 2013 geht. Die Entscheidung fällt in Nyon, fest steht nur, eine der folgenden Mannschaften wird der Gegner werden: FC Liverpool, Viktoria Pilsen, Girondins Bordeaux, Steaua Bukarest, Dnjepr Dnipropetrowsk, KRC Genk, Rubin Kasan, Olympic Lyon, Lazio Rom, Metalist Charkow, Olympiakos Piräus, FC Chelsea, Benficca Lissabon oder CFR Cluj.